Mittwoch, 31. Juli 2019
Leporello-Potential contra Konflikt-Potential z.B. (1): Charlotte von Maltzahn (1881 – 1975)
Malen wird ihr verboten, Sport wird eingeschränkt, Rudern wird ihr untersagt als nicht „standesgemäss. Die Tochter aus standesgemässem Hause spielt gut Tennis, sogar hin- und wieder mit dem Kaiser. Ihr wird bedeutet, sie könne dabei ruhig mehr Bein zeigen und den Kaiser auch mal gewinnen lassen. Denkste ! Ihr wird regelmäßig unpässlich und sie ertrotzt sich das Studium der Malerei. Käthe Kollwitz und Gabriele Münter sind Studien-Kolleginnen. Ihre Eltern halten sie finanziell kurz. Immer noch soll sie möglichst nicht malen. Der „Blaue Reiter“, gegründet von Wassily Kandinsky und Franz Marc, wird berühmt. Charlotte und ihre Malweiber machen sich mit ihrer Gruppe „Die Grünen Hunde“ lustig über die Männer-Maler.

Charlotte zieht mit der Tochter ihrer grossen Liebe an den Starnberger See. Um das zu finanzieren, verkauft sie ihre Bilder. Im Hier und Jetzt um das Jahr 1926 findet Charlotte den neuen Lebensmittelpunkt im Sozialen. „Auch während des Nazi-Regimes widmet sie sich ganz und gar dem ‚Mütterdienst’ und bekam gar nicht mit, welch unsägliches System sie damit unterstützte“, schreibt die Enkelin. Charlotte von Maltzahn zieht schliesslich, 1968, zur Familie ihrer Tochter nach Benediktbeuern. Die Enkelin fängt 30 Jahre nach ihrem Tod an, Grossmutters Erbe ans Licht und ins Walchensee-Museum zu bringen. (Unterdrückte Malweiber: Charlotte von Maltzahn in: walchenseemuseum.de.)

Entfaltung des Leporello-Potentials:
Charlotte von Maltzahn ist vital, sie ist kreativ, sie ist vom Malen ebensowenig abbringen wie vom Leben ihres Lebens.

Zusammenstoss mit dem Konflikt-Potential:
Charlotte von Maltzahn geht dem Streit mit den Eltern nicht aus dem Weg, sie geht dem Ärger mit den arrivierten Maler-Männern nicht aus dem Weg. Sie opponiert und eckt an und hört nicht auf damit: Wie einst ihre Kreativität wird jetzt das Soziale zum Lebensmittelpunkt. So unvermittelt, dass es fast nicht auffällt. Die Bilder wandern auf den Dachboden. Für nahezu 80 Jahre.

Zusammenstossen wie Umsteuern gehören zu diesem (Künstler-) Leben. Das Künstlerische genauso wie das Soziale. Da muss nichts auf einen Nenner gebracht werden. Charlotte von Maltzahn lebt und arbeitet im und mit dem Widerstand.

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