Sonntag, 13. September 2020
ich
Ich wuchs auf und lebte in einer Welt, in der immer schon alles vor mir da war: Wer ich sei, wovor man bei mir Angst haben müsste und nach wem oder was ich käme, z.B. nach dem Psychiater-Vater russisch-brasilianischer Provenienz. Dazu die frommen Verwandten meiner Mutter, die erst wussten, dass ich nicht fromm genug und dann, dass ich nicht links genug war.

Ich emigrierte In die Unscheinbarkeit, in die Provinzen, in die Grenzprovinzen. Ich durchstreifte Land, um seine Ausmaße und Grenzen kennenzulernen. Tatsächlich hielt ich mich an den Grenzen auf, an den deutschen Grenzen, z.B in Ratzeburg, an den deutsch-französischen Grenzen, z.B. im Elsass. Mich interessierte die Prägung, die eine der Gesellschaft und des Staates ist. Sie prägen den Charakter..

Dann kamen die Flüchtlinge, die ins Unbekannte kamen, nur die Angst im Nacken vor dem unsagbar Schrecklichen, von dem man nicht erzählen kann: Was jemand nicht ist, nicht mehr ist, ist entscheidender als das, was er war.

Endlich sieht man die Grenzen in der Mitte. Kann auch Mitte sein.