Montag, 21. September 2020
Individuum - Kollektiv - Gewissen
Die Organisation der (Massen-) Gesellschaft hier – der Seelenhaushalts dort, Themen, die ich im Augenblick im Zusammenhang mit neuen Formen des Lernens am Wickel habe:

Wir erkennen im Seelenhaushalt nicht nur Strukturmerkmale des Gesellschaft. Individuen finden sich auch selbst wieder in der Gestalt der Gesellschaftsorganisation. Aber: Irrtum inbegriffen. Vom Ich-Überich-Es bis zum Triebstau. Wir sind versucht Analogien herzustellen, damit wir uns und unsere Umgebung besser verstehen. Nochmal: Wir stellen diese schiefe Vergleiche her. Einerseits, um uns wie gesagt zu orientieren, aber auch, um uns in unserer „Einzigartigkeit“, eben Individualität, zu unterscheiden. Je mehr verordnete Massengesellschaft also, desto mehr behauptete (demonstrative) Individualität.

Wir erkennen das auch an einem anderen Phänomen: Wird uns im Rückblick auf das eine oder andere Geschehen vorgeworfen, mitgemacht zu haben, distanzieren wir uns entweder (Wir seien im Gegenteil dagegen gewesen!) oder nehmen zerknirscht (seltener) den Kopf unter den Arm, mit der Versicherung, uns demnächst keine Abweichung mehr zuschulden kommen zu lassen. Die Mass-Einheit für beides ist nicht valide, sondern subjektiv vom Standort beeinflusst. Dabei ist die Sicht gar nicht mal zwingend unehrlich, sondern: In dem einem Fall schieben sich individuelle Unterscheidungsgesichtspunkte in den Vordergrund, in dem anderen Fall sind es kollektive Gesichtspunkte. Wir sind nicht unparteiisch. Wir sind Partei. In unserer Erziehung, in unserem Werdegang spielte beides eine Rolle.

Deswegen ist es am besten, sich zu sehen als von beidem beeinflusst: Vom Impuls zur Opposition, zum Widerstand, wie im Gegensatz: Beeinflusst zu sein von der Angst allein zu sein, sprich vom Kollektiv.

Es macht Sinn, beide Tendenzen immer genauer Auszutarieren, indem man sich selbst immer besser kennenlernt. Im Drang zum persönlichen Widerstand, der beileibe noch kein politisch-gesellschaftlicher sein muss. Im Sich-Verstecken im Kollektiv, und zwar aus Angst.

So gefährdet diese individuelle Justierung ist, so unentbehrlich ist sie. Um nicht zu sagen kostbar. Ein Juwel. Es wird auch Gewissen genannt. Das Gewissen kann deformiert werden, es kann überempfindlich werden, es ist nicht unverletzlich. Wir müssen es pflegen.

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