Freitag, 19. März 2021
Nummer ziehen, warten und sich "hinten" anstellen
Woanders kämpft man mit dem Virus, bei uns kämpft man mit der Verwaltung des Virus, mit der Ordnung in der Schlange derer, die auf die Impfung warten.

Wie schon im Bildungswesen wird alles zum ?Scheinproblem? und zum Prüfungsunwesen aufgeblasen. Nicht, was jemand kann und unter Beweis stellt, sondern was jemand vorweisen kann, die Vergleichbarkeit ist die Devise. Darum schafft Ausbildung noch keine Gleichheit sondern Vergleichbarkeit. Diese aber sorgt dafür, dass gerade die, die "ungleich" besser sind, weil sie besondere Profile haben, hinten runterfallen. "Hinten" heisst: Da, wo es nicht sichtbar ist. Bei der Sortierung geht alles objektiv vor, sind aber die Plätze verteilt, kommen die mit den krummen Profilen, so wie die EU-Bananen und -EU-Gurken, nicht mehr zum Zuge. Das passiert "hinten", da, wo niemand hinguckt. Die Diskussion zur Bildungsungerechtigkeit bei Frauen füllt Bände.

Auch in der Pandemie: Nicht die Dringlichkeit, sondern der Platz in der Schlange entscheidet.
Und der wird per Verwaltung bestimmt.

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Freitag, 12. März 2021
Das Vorwörtchen: pan
all; ganz; gesamt bedeutet es und bezeichnet das aus dem Bewußtsein geografischer, kultureller Zugehörigkeit kommende Streben nach politischer Einheit, Zusammenarbeit (Ethym. Lexikon).

Von Panik bis Pandemie von Pantheon bis Pan, der Hirte, der durch einen Schrei ganze Herden urplötzlich in Bewegung setzte oder in die Flucht schlug (beileibe nicht nur Flöte spielte), ist alles drin in diesem Wörtchen pan.

Das erklärt seine gleichmacherische Wirkung wie auch die Angst, die das Wörtchen auslöst, das so friedlich und umfassend daherkommt und dann urplötzlich seine zerstörerische Kraft entfaltet.

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Montag, 8. März 2021
Gleiche Würde
"... dass es unsinnig ist, in der Frage der gleichen Würde, der Anerkennung die sozialen, die ökologischen Dinge gegen die kulturellen auszuspielen. Das ist Unsinn! Die gehören zusammen. Wer nicht anerkannt ist, weder im ökologischen, in der Arbeitssituation, noch in seiner Herkunft, seiner kulturellen Identität, dem ist die Chance der gleichen Würde nicht gegeben. (Gesine Schwan im Gespräch mit Jörg Armbruster in: Welt und Sprache kann man nicht nach dem Reißbrett machen, Dlf 5.3.21.

Dies kann als Kritik an einer Debatte verstanden werden, die einen Aspekt über alle anderen stellt, heute ist es die genderangepasste Sprache , vorher war es die Arbeitssituation, die Herkunft. Das heisst: Mit dergleichen Verve und Ausschliesslichkeit, mit der früher andere Gesichtspunkte in der Vordergrund gestellt wurde, ist es heute die Sprache. Das macht es zum Totschlagsargument, bei dem man sich über Hass auch in der Reaktion darauf nicht wundern muss. Die Gegenreaktion heisst: Differenzierung. Die Aufzählung Gesine Schwans von ökologisch bis kulturell liest sich wie ein Galopp durch die letzten 40 Jahre. Die einzelnen Aspekte (und noch viel mehr) wieder zusammen zu sehen, und je nach Situation zu gewichten, das wäre die Differenzierung, die wir seit Jahrzehnten vernachlässigt haben.

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