Mittwoch, 12. Juni 2019
Das Wort
Zum Wort, dem Wort, habe ich mich schon mehrfach geäussert. Es gab aber nicht so viel aktuelle Literatur dazu, wohl zur Psycholinguistik, Neurolinguistik, aber weniger zum Wort.

Ob „Wort“ in der Sprachwissenschaft überhaupt eine brauchbare Kategorie ist, ist umstritten. So stellte Ferdinand de Saussure den Begriff „Wort“ völlig zurück und sprach stattdessen schlicht vom „Zeichen“ (siehe Wiki: Wort). Mich mit dem Wort zu befassen, dazu regten mich zuletzt Klemperer und Welzer an (s.o.).

Heute sucht alle Welt spätestens seit SEO wieder nach dem Wort! Dem Wort, durch das wir finden und gefunden werden. Man kann alle möglichen Such-Kanäle auf- oder zumachen, verengen oder erweitern, aber es bleibt beim Wort. Auch, weil die Bezeichnung, der Produktname, der Firmenname als Wortmarke feststehen und geschützt sind. Vor allem aber, weil die Sprache und das Wort das höchste Abstraktionsniveau haben.

Die Botschaft, der Sinn, ist abhängig von der Konnotation, dem Umfeld, in dem sie gebraucht werden. Die Botschaft ist also abhängig vom Verständnis. Dies wiederum von den Inhalten. Die man verstehen oder auch missverstehen kann. Abhängig auch vom Sinn, Doppelsinn, Hintersinn, von Komik, Ironie, Witz. Also vielem, was Computer nicht verstehen.

Worte können Bilder enthalten, sogar ein Bild sein oder darstellen. Sogar mehrere. Aber das Wort im Bild bildet zusammen eine Einheit, die sich viel schlechter auflösen lässt als Worte. Nicht selten ist ihre Botschaft sprachlich gar nicht mehr aufzudröseln. Da träumt jemand von einer Kollegin, Waldi im Kollegenkreis genannt, nachts drauf von einem Dackel namens Waldi. Und während ihre Kollegin ein Scheusal ist, ist der Dackel ganz lieb, was nicht so selbstverständlich ist. Das Wort nimmt Dackel-Gestalt an, wird Fleisch. So wird es zugänglich, veränderbar. Man sieht, die Grenze zwischen Wort und Bild ist durchlässig.
Das Wort ist die abstrakteste und multipelste Form des Ausdrucks, das in verschiedenen Medien Gestalt annehmen kann.

Ein Lied kann eine Brücke sein, singt Joy Flemming
Ein Wort kann, wenn es fällt, Wellen schlagen, fällt mir dazu ein.

Micro-Begriffe – Macro-Begriffe – Meta-Begriffe:

Ich gehe zurück zum Zitat Welzers: Durch Begriffe würden Probleme auf Distanz gehalten, z.B. „Dritte Welt“, „failed states“, „korrupte Regierungen“, „Asylbetrug“, „Islamisierung“. Wer mit solchen Begriffen arbeitet, übernimmt die Distanzen, Abstraktionen, die in ihnen liegen. Ich nenne sie daher Distanz-Begriffe: Macro-Begriffe.

Ich kann näher rangehen. Dann stosse ich auf Widersprüche, Gegensätze. Beispiele die den Distanz-Begriff aufbrechen. Ich lande beim untypischen Einzelfall: Micro-Begriffe.

Ich kann aber auch weiter weggehen.
Es gibt Menschenrechte, die man nicht von ungefähr auch die allgemeinen nennt. In Philosophie, Naturwissenschaften spricht man von d e m Mensch, d e r Anthropologie. In den Religionen ist von der Gleichheit der Menschen vor Gott die Rede: Meta-Begriffe.
Ins Vor-Urteil gewendet: Alle Russen, alle Bayern, alle Männer.

Weiter Wort für Wort (angeregt von V. Klemperer, s.o.):

Schwarm-Intelligenz ist ein Beispiel, wie die die ältere „Masse“ mit der innovativen Intelligenz eine Symbiose eingeht, so dass einem der „alte Wein“ im intelligenten Schlauch gar nicht meehr auffällt.

DNA ist auch ein Beispiel. Der biologische Kontext wird flugs in den betrieblichen & sozialen verschoben, transformiert. Plötzlich ist „DNA“ in aller Munde, als ob die Gene ab sofort nicht nur biologische sondern auch soziale oder geschäftliche „Erb“-Information enthalten.

Arno Makowsky nennt fjy, brainen und asapst als weitere Beispiele in seinem Artikel: Wie die Sprache im digitalen Zeitalter verhunzt wird (Der Tagesspiegel am 20.12.2015).
Ein Brainer ist ein Überflieger, Fyi meint: zu eurer Information, asapst ist die Steigerungsform von asap = as soon as possible, also noch sooner als soon.

Man hat den Eindruck, dass diese Verhunzungen und Abkürzungen gar nicht verstanden werden sollen, sondern Insider kennzeichnen sollen, eine Art (Jugend-) Geheimsprache. Diese „digitale Kommunikation“ nennt Makowsky schlicht „Klonsprache“ weil sie persönliche Nähe nur vortäusche. Das sind sie, die Worte und Abkürzungen der Digital-Sprache, nicht minder manipulativ als ihre Vorgänger, stupider, nur dümmlicher, lästernder.

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Freitag, 7. Juni 2019
Berufe-Lego. Kritik an Lego®SeriousPlay®
- Lego ist was sehr analoges: Das Konstruktive entsteht von Hand
- Lego ist eines wenige Dinge, die von der Hand in den Kopf geht
- Ein Lego-Baustein ist ein Baustein (mit ®-geschützten Noppen)
- Entweder man hat einen Bauklotz oder man macht etwas dazu
- "Konstruktivismus" braucht man nicht dazu, Konstruieren reicht
- Lego nennt man den Bauklotz, so wie Tempo das Taschentuch
- Das ist der Preis der Popularität
- Umgekehrt wird Lego draus: Je gröber der Klotz umso kreativer
- Das Lego®, spezielle Themen-Bausätze, braucht es dafür nicht
- Verrückt aber wird’s, wenn LegoSeriousPlay® lizenziert wird
- Wer "Serious Play" sagt, versteht nichts vom Spiel
- Und er versteht nichts vom zitierten Huizinga (Homo Ludens)
- Wer "Konstruktivismus" sagt, meint: Denken beim Konstruieren
- Für LSP®-Trainer, LSP®-Workshop macht das ® hingegen Sinn:
- Man schützt Preis und Produkt, das ist verständlich, auch wenn
- das Wichtigste beim Lego die Kombination des Elementaren ist
- Lizensierung, Zertifizierung schlagen einen Salto ins Gegenteil

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Dienstag, 4. Juni 2019
Verdummung. Was man mit Lego-Bildung dagegen tut
Früher hat man Kommunikatons- und Sozialwissenschaften Diskussionswissenschaften genannt. Nachdem sie gereinigt waren von Kommunikation und sozialer Kompetenz wurden flugs Workshops zur sozialen Kompetenz zusätzlich angeboten.

Früher hat man einiges ins Marketing und in Marketer investiert.
Dann war das vorbei, angesagt war nur noch, dass sich der Interessent selbst auf den Weg macht. Und was aussah wie das Ende meines Tuns war nicht selten der Anfang. Die Lücke war zwar kleiner, der Bedarf aber dringender. Entgegen der Prognose.

Michael Winterhoff zeichnet in seinem Buch „Deutschland verdummt“ ein düsteres Bild des Bildungssystems in DLF 3.5.19.

Die Hauptthesen, abgesehen vom konservativen gefärbten Ideologie-Rahmen fehlender Orientierung und Führung:
- „Man hat den Kindern die Beziehung genommen.“
- „Impulskontrolle muss durch soziale Interaktion gelernt werden.“

Hauptgrund sei eine Digitalisierung, die statt Mittel Inhalt wurde.

Michael Winterhoff wuchs als zweites von vier Geschwistern in Bonn auf. Die Eltern betrieben am Ort eine Café-Konditorei. Nach der Grundschule besuchte er zunächst die Hauptschule, wechselte aber früh auf eine Realschule, wo er sich zum Klassenbesten entwickelte. Entscheidende Impulse für seine spätere Entwicklung erhielt er als Teilnehmer und schließlich aktiver Leiter von Jugendgruppen. In dieser Zeit entstand sein Wunsch, Medizin zu studieren. Entsprechend absolvierte er anschließend eine gymnasiale Oberstufe, um das Abitur abzulegen.[1] Von 1977 bis 1983 studierte er Humanmedizin an der Universität Bonn (Promotion zum Dr. med. 1984, Dissertationsthema: Gastrinsekretion bei Ulcusdiathese durch Winkelbauer-Starlinger-Operation am Hund). Winterhoffs anfängliches Interesse an der Kinderchirurgie entwickelte sich weiter über die allgemeine Kinderheilkunde zur Kinderpsychiatrie. Seit 1988 arbeitet er in Bonn als Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie in seiner eigenen Praxis. Er befasst sich vorrangig mit psychischen Entwicklungsstörungen im Kindes- und Jugendalter aus tiefenpsychologischer Sicht (Wikipedia)

Das also, Lego-Bildung auf Winterhoff-Art tut man z.B. dagegen.

Das klingt anders als ein idealistisches Bildungdeal. Mir sind auch die Millionen wichtiger, die sich nicht-privilegiert ihr Leben zusammenpatchworken.

Der deutsche Club der toten Dichter, der Weimarer Republik,
die die Ferienhäuser und Domizile Europas von Hiddensee bis Sanary sur Mittelmeer angesichts der Massenarmut füllten, ist ein
Gegenbeispiel, kein gutes.

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