Montag, 3. Juni 2019
Sozialisation in Bildung und Beruf
Was sehr theoretisch daherkommt, berichtet im Grunde von der sozialpsychologischen Situation in Bildung und Beruf.

Erster Befund: Wut. Wut auf Lehrer, die Schulsysteme geschaffen haben, die als "gezinkt" ungerecht empfunden werden. Von der Statistik wird das gestützt. Die Gesamtsituation: Uebellaunig.

Zweiter Befund: Undurchlaessigkeit der höheren Bildungsschicht, Abhaengigkeit vom Status der Eltern, vom Geld. Spätestens beim Abi ist Schluss. Fachhochschule, angewandt, qualifikationsnah fuer die einen, Hochschule, Jura, Geistes-, Sozial-Wissenschaften, BeWeEll und Meediziehn für die anderen. Bachelor fuer die einen, Master, Magister und Doktor fuer die anderen. Wer damit einen Job finden will hat meist das Nachsehen. Da schlägt das Materielle und das Pekuniäre durch.

Dritter Befund: Gegeneinander von Theoretikern und Praktikern, sogenannten. Im Alltag giftiges Beäugen, genaues Registrieren, wann wer kommt, geht aufsteht. Schweigend, wortlos, wissend. Von Gegenueber, von unten auf der Treppe, von der Hausfrau ohne oder mit Zuverdienener-Job, dem Rentnerehepaar ohne Perspektive. Sie machen Räume eng, der ihnen selbst fehlt.

Vierter Befund: Abgeschmolzene Hierarchien mit gleichfalls abgeschmolzenen Belegschaften mit nur einer Handvoll von Mitarbeitern, um die sich dutzende Durchläufer, Befristete, Zeitarbeiter gruppieren. Das Betätigungsfeld für den Mittelbau mit wenig Entscheidungsspielraum und viel Apell an den Gemeinsinn. Wer zu lange bleibt, bringt sich um weitere Jobchancen.

Ergo: Sachstand und System angehen, reicht nicht. Bildung und Beruf brauchen ein Klima der Aktivität, Entdeckerfreude, Lust.
Es braucht Beispiele für die nicht-hierarchische Parallelitäten von Beruf, Arbeit, Engagement:

1. Nach seiner Rückkehr nach Brooklyn 1850 begann der Dichter Walt Whitman eine Tätigkeit als Wohnungsmakler, wodurch er die Herausgabe von ''Leaves of Grass'' finanzieren konnte.

2. Harald Welzer, schlägt eine Professur nebst Uni-Karriere aus zugunsten einem Engagement für die nachhaltige Stiftung FUTUR ZWEI und Tätigkeit als freier Schriftsteller (und mehr) aus.

3. Viele andere Beispiele liefert der Alltag der anderen.

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Mittwoch, 29. Mai 2019
Berufe-Lego
Weil ich es kann“ zitiert Welzer, die fast banale Antwort eines Aktivisten auf die Frage nach dem Grund für sein Engagement.
Und ich? Mache Marketing, weil ich es kann! Was zähle ist, den Unterschied machen zu wollen, den kleinstmöglichen nicht den grössten (76) lese ich bei Welzer weiter. Wer den kleinstmöglichen, nicht den grössten, machen will, dem geht es wirklich um den Unterschied.

Auch die Unterschiede im Marketing sind gross. Marketing ist ein Wort für sehr Unterschiedliches. Ich gestalte bspw. Wirklichkeit aus einer Kontra-Produktivität heraus (74/5). Und zwar durch neue „Kombinationen“, „modulare Revolutionen“ (83) (ähnlich wie beim Lego). Damit wären wir, wäre Welzer, beim Lego, bei dem er im Übrigen die Festlegung auf festgelegte Modelle (wie dem Lego Star Wars Modell, dem Lego Boost Roboter, dem Lego Bugatti-Modell u.a.). So Harald Welzer in: Alles könnte anders sein. Bei mir in diesem Blog zitiert am 27.03. Welzer hat mich drauf gebracht. Und wer kennt Lego nicht? Jedes Kind! Nie würde ich darauf kommen meine Erfahrungen mit Lego mit Copyright zu schützen! Lego steht für Bauklötze wie Tempo für Taschentücher. Nicht an Raumschiffe und Roboter sondern an die Klötzchen und handtellergrossen Platten, die sich als Dach- oder Bodenplatten oder ganz anders verwenden liessen, erinnere ich mich. Was an Berufe-Lego heiter ist? Spielerisch zu sein, spielerisch zu probieren und spielerisch zu kombinieren.

Ganz anders LEGO® und sehr viel anders LEGO® Serious Play®, LSP, gleich mit doppelten Markenschutz! Man kann einen LEGO-Master machen, viele Seminare absolvieren und noch mehr Geld dafür bezahlen. LEGO® Serious Play® macht „eine Moderations- und Arbeitsmethode, die die Vorzüge des Spiels und des Modellierens mit Legosteinen in einem zielorientieren Prozess verbindet“ daraus. Eine Methode, in Kooperation zwischen Spielzeughersteller LEGO® und dem Schweizer International Institute for Management Development Lausanne entwickelt.

Das ist nachzulesen in LEGO® IN HIGHER EDUCATION von Prof. Dr. Tobias Seidl, Professor für Schlüssel- und Selbst-Kompetenzen Studierender auf seiner Website http://legoinhe.de; Seidl ist Systemischer Coach und LEGO® SERIOUS PLAY® Trainer. Ein Markenschutz, eine Lizenz, eine Blase letztlich. Für Lego® LSP® akzeptieren wirs, für Lego nicht.

Gerade für Lego nicht! Lego, Chance auf ein allen zugängliches Modell, das mal nicht über den Kopf geht, sondern aus dem fassbar Machbaren kommt.

Seidl weiter: Ein „Konstruktionsprozess, der nicht nur im Kopf der Teilnehmenden, sondern auch durch das Bauen von LEGO®-Modellen auf dem Tisch stattfindet.“
Zum Konstruktivismus kommen Storytelling, Metaphern, Spiel und Flow als Theorie-Elemente. Insgesamt aber ein recht willkürliches Sammelsurium. Storytelling wird verstanden als Sinngenerator. Metaphernbildung sei der Neuropsychologie zufolge besonders geeignet, neue kognitive Schemata im Gehirn anzulegen. Zudem sei das Spiel ein dem Menschen ureigener Weg, neue Fähigkeiten zu erlernen und sich veränderten Bedingungen anzupassen. Schliesslich stünde Flow für ein völliges Aufgehen im Spiel, was Kreativität und Ideen-Entwicklung anginge.
An Quellen für seinen theoretischen Exkurs führt Seidl u.a. auf:

Frick, Elisabetta; Tardini, Stefano; Cantoni, Lorenzo (2013): White Paper on LEGO ®SERIOUS PLAY®. A state of the art of its applications in Europe. Online verfügbar unter http://www.s-play.eu/attachments/article/70/splay_White_Paper_V2_0_1.pdf
Reich, Kersten (2012): Konstruktivistische Didaktik. Das Lehr- und Studienbuch mit Online-Methodenpool. Weinheim: Beltz.
Huizinga, Johan (1955): Homo ludens. A study of the play-element in culture. Boston: Beacon Press (Beacon paperbacks, 15).
Mein Huizinga (Herbst des Mittelalters) mein Norbert Elias (Prozess der Zivilisation) Literatur aus den 40ern bis 70ern, soziologische Literatur. Ey, da ist sie ja, die Vergangenheit ! Da, wo man sie nicht sucht: In der Gegenwart ! Unter den Klötzchen sind auch welche aus der Vergangenheit. Hat die Theorie doch noch was gebracht!

Meine Klötzchen? 6 Jahre Kindheit auf Sozialhilfeniveau (dort spielte ich mit Lego), 9 Jahre Kindheit/ Jugend in oder vor einer Klinik (Arztsohn), Studium der Sozialgeschichte, Freiberufler Marketing.

Das nenne ich Lego-Bildung und Lego-Beruf. Digital-sprachlich ausgedrückt wird heute unterschieden zwischen Lego®-Bildung und Tamagotchi-Bildung. Tamagotchi heisst: Mehr desselben an Bewegung und Laut bis die Batterie alle ist. Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/studienmodelle-der-zukunft-mehr-flexibilitaet fuer.680.de.html?dram:article_id=449472
https://m.tagesspiegel.de/wissen/studienmodelle-der-zukunft-analysiert-als-tamagotchi-starten-und-mit-lego/24366970.html?utm_referrer=android-app%3A%2F%2Fcom.google.android.googlequicksearchbox

Zurück zum einleitenden Zitat Welzers: Durch Begriffe würden Probleme auf Distanz gehalten, z.B. „Dritte Welt“, „failed states“, „korrupte Regierungen“, „Asylbetrug“, „Islamisierung“ ich füge hinzu: Prekariat, Digitale Gesellschaft, Mittelstand. Wer mit solchen Begriffen arbeitet, übernimmt die Distanzen, Abstraktionen, die ihnen eignet. Berufe-Lego geht näher ran. Es ähnelt darin Neu-Methoden wie des Scrum, des Design Thinking und ähnlichen Neuschöpfungen: Permanente Planung, permanente Entscheidung, permanentes Feedback statt des einmal gemachten Plans.

Berufe-Lego stellt Fragen zum individuellen Berufsbild:
Welche Analog-Elemente, welche Digital-Elemente, welche Sinn-Elemente brauche und kombiniere ich?

Zum Berufe-Lego gehört in meinem Fall Verkauf und Marketing, dazu demnächst mehr.

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Mittwoch, 15. Mai 2019
Gedanken - unvergoren - tl;dr: too long; didn't read
Ein Blog und Brevier soll es werden, schrieb ich am Anfang des Blogs. Ein Blog und Brevier ist es, trotz mancher Schlenker, geworden. Blog nach Aussen, Brevier nach Innen.

Das Unbehagen an blosser Aussendarstellung hat mich nicht verlassen, die Medien-Fürstentümer habe ich immer wieder kritisiert. Andererseits solls auch keine pure selbstbeobachtende Introspektion sein, sondern beides, schwierigerweise beides.
Entweder machen wir die Innenwelt zur Aussenwelt oder die Aussenwelt zur Innenwelt. Eine Kommunikation zwischen beiden Dimensionen des Lebens und Empfindens findet kaum statt, jedenfalls selten eine bewusste.

Entweder ist man wütend auf dies und das, diese oder jene. Oder man macht schlicht sein Innenleben zur Kolonie der Aussenwelt. Daher hier nach sachorientierten Auslassungen zur K.I. jetzt das individuelle, persönliche „Rauschen“ - (noch) ungeordnet.

Gedanke:
Welche Anknuepfungspunkte bietet die K.I. für die Pädagogik?
- Lernorte, das Umfeld erscheint wichtig
- Individuelle Lernstrategien erscheinen wichtig
- Das Anknüpfen an Projekte und Interessen erscheint wichtig
- Anstöße durch oekonomische Auslöser erscheinen wichtig
- Reagieren auf persönliche Widerstände erscheint wichtig
- Anders lernen statt nur Neues lernen erscheint wichtig
Summa: Eine auf das Umfeld gerichtete Pädagogik, als sozial zu bezeichnende Pädagogik. Angesichts „sozialer Medien“ bin ich vorsichtig mit „sozial“, trotzdem passt es.

Gedanke: Welche Vorstellungen von Arbeit gab und gibt es ?

Arbeit als Sklavenarbeit in feudalen Gesellschaften.
Arbeit als industrielle Arbeit in via Kapital aufgebauten Industrien
Und dann der Bruch:
Die Arbeit ist weg, sie heisst jetzt Intelligenz in den Digitalen Gesellschaften. Aber sie war sowieso schon weg, zerbröselt zwischen Kreativität und Lottogewinn. Eigentlich arbeitet nur noch das Geld oder arme Schweine, die sich nicht drücken können. Und der moralisch korrekte Teil der Arbeit ist gewandert in die Verantwortung, die Arbeit mit Menschen, die Friedensarbeit.
Arbeit heisst jetzt Intelligenz und Intelligenz ist jetzt Künstliche Intelligenz, Intelligenz von Maschinen, denn die sollen uns das, was von der Arbeit noch übrig ist, abnehmen.
Summa: Wo keine Arbeit, da keine Intelligenz.

Gedanke:
Wo ist die Kommunikation und wie kriegen wir sie wieder?

Kommunikation geht auch ohne Sprache. Kommunikation ist Bewegung, Tanz zum Beispiel, Bewegung im Raum. Wir sprechen von Standpunkten, davon dass sich jemand bewegt.
Bei digitalen Techniken liegen Metiers und Disziplinen nur einen Klick weit voneinander entfernt. Surfen ist eine einheitliche Bewegung. Man stösst auf Gesuchtes, Nicht-Gesuchtes, Befremdliches, Lachhaftes. Und immer vermittelt durch das Wort. Ein richtiges oder falsches Wort, ein Wort, bei dem ein „e“ fehlt beispielsweise. Ein Buchstabe nur, der in völlig andere Welten führen kann. IT-Techniken überspringen die Grenzen der Zusammenhänge, des Sinns und der Branchen. Das macht, dass sie mitunter zu einer Kreativitätstechnik werden.

Nicht selten verschwinden Grenzen ganz, Gegensätze verblassen, erscheinen willkürlich. Kunst, Kreativität, wird zu einer notwendigen Ergänzung der von Kommunikation gereinigten IT-Disziplinen. Das heisst der von Emotion und Individuum gereinigten IT-Disziplinen. Dabei kommt durch Algorithmen, durch Marktforschung und Befragung durchaus der Konsument zur Geltung, wird aber nicht als Individuum benannt, sondern taucht nur in der Menge auf. Die Sprache der Fakten unterbindet alles.

Kommunikation wiederherzustellen zwischen ganz unterschiedlichen Sektoren, Disziplinen ist die spezifische Aufgabe heute, die nach jahrzehnte oder jahrhundertelanger Verkrustung und Institutionalisierung neue Perspektiven und Ansätze unsere Aufgabe ist. Eine Aufgabe für Pädagogen auch. Denn diese, unsere Kultur will neu begriffen und verstanden werden.

Und noch ein Gedanke, der von de re:publica 2019 stammt (Sascha Lobo): Die Bilder (!), auf denen unsere Algorithmen und Vorstellungen beruhen, sind einem grossen Filter ca. der letzten 50 Jahre (seit 1945) zu verdanken. Der Filter der Prosperierungsphase nach dem zweiten Weltkrieg (JPK).

Ein Gedanke, der pure Kommunikation ist, aber am Bild, an Bildern ansetzt. Bilderkennung ist ein wichtiger Bestandteil der K.I. und des Deep Learning. Diese wird nämlich erst möglich durch das Wegkommen von Begriffen, das Ablösen der Worte durch Bilder, durch Bilderbliotheken, durch riesenhafte Speicher-Clouds. Bilder aber nehmen in sich viel mehr auf als Worte und Begriffe, welches dann nicht mehr auseinanderzukriegen ist (JPK). Sascha Lobos Gedanke vom Filter führt Bilder wieder der Sprache und der Analyse ausserhalb des Filters zu. (Zitat nach www.haz.de 06.05.2019). Bilderkritik ist ein Weg des Wiederkommens der Kommunikation, kommunikationswissenschaftlicher Kritik.

Gedanke:
Wie entrinnt man den Blasen der Meinung, Denkens, der Netze ?

Die Blase des Sich-im-Kreise-drehen, des Es-musste-ja-so-kommen ist nur durch disruptive Kreativität zu unterbrechen, die neue Gesichtspunkte einführt. Auch hier geht es wieder um die Sprache. Nicht nur um eine Sprache. Ums ansprechen, angesprochen sein, Zwiesprache, Veröffentlichung. Und ums Denken: Probedenken, nachdenken, handeln. Sich in andere Rollen versetzen. Sinnschneisen schlagen. Worte finden.

Gedanke: Fazit

Ich sag es mit einem Resümee der re:publica 2019:
Die (digitale) Welt verbessern, nicht nur verändern ! (Dlf)

Ein schönes Motto für die K.I., für Start-Ups, fürs Beraten, fürs Verkaufen.

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