Freitag, 22. Juni 2018
Ein neues Kapitel aufschlagen: Analog und Digital
Es gibt sie nicht, die digitale Welt. Was es gibt, ist Analoges und Digitales in der einen Welt. Analog und digital verhalten sich zueinander wie das Sein / Existenz zum Mittel. Es gab handwerkliche Mittel (Handwerkzeuge], mechanische Mittel (Dampfmaschine) und es gibt digitale Mittel, den Chip, der analoge Signale digital verarbeitet. Mittel kann man daran erkennen, dass der Mensch sie zum Mittel macht. Und zwar dadurch, dass er sich zu ihnen verhält. Das ist das Wesen des Menschen, die Conditio humana.

Der Wunsch, der Gegenstand der Bearbeitung solle sich verhalten wie die Mittel der Bearbeitung, was heute heisst, so digital sein wie die digitalen Mittel, ist die Sehnsucht nach der Auflösung des Widerstands. Gemeint ist der Widerstands des Materials, die Unvollkommenheit der Möglichkeiten, der Widerstands des Menschen gegen das widerstandslose Einverstandensein mit dem, was von einem gewollt, einem zugemutet wird.

Der stumme kraftstrotzende willenlose Golem aus Lehm in der jüdischen Mystik, der Zauberlehrling, der den Dingen befehlen will, Frankenstein, die aus dem Ruder gelaufene Technik, sie alle sind Geschöpfe des Menschen, sie alle leisten endlich Widerstand, lehnen sich auf, erheben sich gegen ihren Schöpfer. Der Traum gebiert den Albtraum. Die gute Nachricht: Mit dem Zerplatzen der Allmachtsphantasien zerplatzt auch der Albtraum. Die Allmachtsphantasie in digitalen Zeiten ist der Glaube an die völlige Manipulierbarkeit des Menschen.

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Dienstag, 2. Januar 2018
Mach Unterschiede, fang mit dem Wort an
"Da sich Kompetenzen und Hintergründe von
Kommunikationspartnern unterscheiden, sind die
Bedeutungen sprachlicher Äusserungen nicht eindeutig."
(Grimm/Delfmann: Digitale Kommunikation 2. Aufl.
2017, S. 77)

Das wichtigste Wort in diesem Satz ist "Unterschied".
Und dieser Unterschied führt uns auf die Spur des
Unterschieds als Schlüssel zum Verständnis und zum
Verstehen digitaler Kommunikation, viel schneller als
alle Sinnschneisen, die SEO und SEA ins Wortdickicht
schlagen. Aber der Reihe nach:

Zunächst schauen wir uns an, was die digitale
Kommunikation mit dem Wort "Unterschied" anfängt.
Nämlich garnichts. Es verhält sich wie zwischen Stecker
und Steckdose. Gibt es keinen Stecker oder keine Dose,
gibt es die Verbindung garnicht, kommt Kommunikation
überhaupt nicht zustande, d.h. diese Wirklichkeit gibt
es nicht, d.h. sie entfällt, d.h. sie ist weg.

Digitale Kommunikation hat es nicht mit Unterschieden,
sondern mit Teilmengen zu tun, die wiederum in
grösseren Mengen enthalten sind. Diese werden durch
den Algoritmus aufgefunden. Schon ganz zu Anfang
der Computerisierung war das so: Wir konnten uns
zwischen einem Serienbrief und einem hochgradig
personalisiertem Schreiben entscheiden. Der Computer
machte durch Standardisierung und Automatisierung
beides möglich. Wir entschieden uns signifikant öfter
für die Serie. Das Schreibprogramm merkte sich die
Worte, die wir getippt hatten und schlug sie uns immer
wieder vor. Dabei wimmelt es heute nur so von Pilot-
Projekten und Einzelanfertigungen, zu denen wir ohne
Computer nie gekommen wären.

Was im Wort an Unterschieden, Meinungsunterschieden,
historischem Bedeutungswandel steckt, interessiert den
Computer herzlich wenig - ausser Sie haben einen
Buchstaben zu viel oder zu wenig. Da kann er sie in
weit entfernte Gefilde locken, die mit ihrer Suche rein
garnichts mehr zu tun haben. Dagegen viel mit
medialen und wirtschaftlichen Gefilden, in denen sich
das gesuchte Wort häuft. Was sich nicht häuft, ist weg.

Statt nach der Häufigkeit zu suchen, sollten wir nach
Unterschieden suchen. Dann nämlich, wenn wir z.B.
Firmen mit einer ganz speziellen Ausrichtung suchen.
Also gut: Wir suchen zuerst nach allgemeineren
Kriterien wie Branchen oder Werkstoffen. Dann aber
wechseln wir zur qualitativen Suche, unterscheiden z.B.
nach wichtigen Unterschieden zwischen bestimmten
Verfahren und Werkstoffen. Und was finden wir?
Unterschiede über Unterschiede! Und der gleiche
Computer, der mich vordem nur Gleiches in Gleichem
hat finden lassen, versetzt mich nun in die Lage, im
Einzelnen zu vergleichen und zu unterscheiden.

Mit der Suche nach den Unterschieden sind wir auf der
Spur von Descartes oder auch der "Dekonstruktion"
des Wortes durch Jacques Derrida. Descartes ging es um
die Räume und die Zwischenräume. Zeit und Raum
werden gebraucht, um die Unterschiede zwischen den
Gestalten wahrzunehmen. Descartes "Ich zweifle, also
bin ich" ist der Gipfel dieser vergleichenden und
unterscheidenden Rationalität. Ich ist letzte Instanz.

Dazu:
-Ulrike Ramming: Mit den Worten rechnen. 2015 S. 60
-Görz/Nebel: Künstliche Intelligenz, 2015
-T.C. Bächle: Mythos Algorithmus, 2014 S. 36

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Montag, 22. Mai 2017
Wozu Wirtschaft doch manchmal gut ist,
um Donald Trump auf die Schliche zu kommen, zum
Beispiel. Macht man so in der Wirtschaft: Dicke Lippe.
Vor Gericht auch. Die Tochter des anderen ist hässlich,
die eigene schön. By the way lernt man, dass die
Politik eine eigene Sprache entwickelt hat. Die auf
jeden Fall nicht die ist, die die sprechen, die unter ihr
leiden. Die moralische Kategorie ist nicht die einzige.

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