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Montag, 21. Januar 2019
Anders sein statt Neu-sein
kuehnesmallworld, 17:58h
Neu sind heute alle. Täglich, dauernd, ständig. Bis einem die Mimikry des Modern-, des Up-to-date-Seins zum Hals raus hängt und man nicht mehr weiss, was zu modernisieren wäre. Und ich mich vorsichtshalber auf garnichts mehr festlege. Oder mich taub stelle und bockig werde. Sie müssen ja keine Rechenschaft ablegen, die Dauermodernisierer. Anders statt neu sein wäre eine prima Alternative. So weit war ich gekommen. So war ich auch bei meiner Selbsterforschung gekommen, als ich mich erinnerte an das, was mir zu Ohren gekommen war kürzlich.
Ich hatte nämlich noch ein Hörstück im Ohr, ein Hörstück von Martin Becker und Tabea Soergel namens „Besonders sein“. Einzelne Sätze und Sequenzen meinte ich noch in mir nachklingen zu hören. Vor kurzem, am 20.01.2019 war es über den Sender gegangen. Der Sender war der Dlf.
- „Aufsehenerregende Kostüme tragen“,
- „Ecken und Kanten haben“,
-„In sich selbst das Einmalige entdecken“,
das sind verschiedene Formen Anders-sein.
Sehr oft gehen wir dabei, ob es uns passt oder nicht, vom Außeren aus, eilen meine Gedanken voraus: Die Turnschuhe von Joschka Fischer. Das Feuermal von Michail Gorbatschow. Der gelbe Pullunder von Hans-Dietrich Genscher.Schon das kleine Kind, das den Bartträger anfremdelt, tut es.
Manche sagen es einfacher, fassen inneres und ausseres Erleben zusammen: „Ich denke mal einfach, man geht mit Leib und Seele an eine Sache, und man mag's oder man mag's nicht."
Also: Hineinpassen in die Zielgruppe, das Ambiente. Die Kriterien erfüllen, das ist die erste Bewegung, auf das Besondere, das Andere zu.
FRANK GOOSEN, der Schriftsteller (Liegen lernen, Frankfurt 2000) soll das so gesagt haben: "Es gibt ein Bild, das man sich von einer Gegend, von einem Menschenschlag macht, und dann gibt es Einzelne, die dem so genau entsprechen, dass man sie als Originale bezeichnet."
Ergo lässt sich zusammenfassen: Das Rezept für ein echtes Original kann man nirgendwo nachschlagen. Man muss es in sich finden. Es ist eine Bewegung auf das Neue hin und eine, die einem
aus der Vorstellung, die man hat, entgegenspringt.
„Vielleicht wird man ja gar nicht als Original geboren, sondern wächst einfach in die Rolle hinein. Zum Beispiel durch den passenden Beruf, das richtige Ambiente, das geeignete Umfeld“ mutmassen andere deutlich hörbar.
In sich finden nennen das die einen, „Selbsterfinder“ nennen die anderen das Genie, Orginal. Jemand gibt zu bedenken:„Vielleicht hat man ja auch gar keine andere Wahl: Man macht aus dem, was einem das Leben mitgegeben hat, das Beste.“ Wenn man nun denkt, da müsse ein Vivaldi und Mozart das Licht der Welt erblicken, dann irrt man, die Zutaten dürfen viel profaner sein, z.B. ein looses Mundwerk, ein rüder Ton usw., Gossen Reichtum oder sozialer Status brauchts nicht. „Es genügt eine Abweichung von der Norm. Eine Auffälligkeit. Eine Macke, die nicht alle haben. Etwas zu laut oder etwas zu leise reden, etwas zu forsch oder etwas zu unbeholfen den Raum betreten, eine Spur zu bunte und zu geschmacklose Kleidung tragen - und schon wird die Originalität zum Selbstläufer. Und schon ist man anders als der Rest.“
Darin ähnelt der Unterhaltungsroman-Autor Frank Goosen von heute dem Philosoph und Selbstdenker Paul Valery von gestern (1970-1945, einem erratischen Block aus Philosoph, Poetik und Naturwissenschaftler, ein Genie, aber vor allem ein passionierter Selbstdenker, der 50 Jahre lang Tag um Tag die Gedanken seine Selbst-Erforschung und Introspektion 1-2 Stunden lang in seine Hefte schrieb und sie dann verbarg. „Man soll nur an das glauben, was man selbst erfunden hätte“ notierte er (Paul Valery, Ich grase meine Gehirnwiese ab, Frankfurt 2016).
In Zeiten von Influenzern und Testimonials, von Followern und Mee-Toos ist das ein bemerkenswerter Satz. Einerseits: Blind fast , doch nach Aussen spähend, sein Ziel ins Auge fassend, sich durch nichts davon abbringen lassen. Andererseits: Besondere Andere, verehrt und bewundert. Wie kommt man da raus, aus der Klemme zwischen eingerahmt sein und im Mittelpunkt stehen?
Wie so oft: Als Künstler oder Kreativer. "Ein Künstler hat Originalität, wenn er frei aus der Ursprünglichkeit seines eignen Genius schafft. Im engern Sinne versteht man dann unter Originalität auch das durch seine Eigentümlichkeit vom Allgemeinen Abweichende, Überraschende, Seltsame und Wunderliche."
So erklärt sich das fast schon innige Verhältnis zwischen IT, der Informationstechnologie, und der Kunst. Was der IT ausgetrieben wurde, ist in der Kunst zu suchen und zu finden, und zwar geballt. Linke und rechte Gehirnhälfte marschieren getrennt.
Was an Gemeinsamkeiten noch da ist, wird durch Sprache und Stimme gemeinsam transportiert. Ich höre, wenn auch arg verrauscht: „Wo die Logopäden eher dazu neigen würden zu sagen: Der muss aber mal so ein bisschen sich entspannen, oder: Der knödelt, oder, na ja, eben zu rauchig, zu verhaucht, das sind eigentlich genau die Aspekte. Also alles, was als Störung empfunden wird, ist eigentlich spannend."
Stimme und Sprache transportieren sowohl das Kreative, Analoge als auch das Digitale, den Sachverhalt. „Jedes Produkt braucht eine Stimme, die klingt wie keine zweite.“ Und nach einer Weile ist weiter zu hören: „Das ist ein Mensch, der hat das alles so in sich, dass er sein Potenzial komplett einsetzen kann, und in der Stimme ist es dann hörbar." Nach einer weiteren Weile höre ich, wenn auch immer noch nicht ganz kristallklar, wieder etwas: "(...) Es soll nicht bekannt klingen, es soll nicht werblich klingen, es soll nicht, es muss anders sein. Und am Ende ist aber das Ohr, sind die Hörgewohnheiten doch sehr konventionell infiltriert. D.h. also, das andere ist eben im Grunde genommen nur eine kleine Breite davon entfernt davon, was erlaubt ist."
Eine kleine Breite, soll wohl heissen: eine minimale Abweichung reicht. Vielleicht eine noch nicht einmal hörbare Abweichung. Eine grosse Aufgabe für ein unbeachtetes Organ, ist unser Verstehen doch meist an Inhalte gebunden.
Summa: "Original und originell bedeuten ursprünglich, nicht nachgeahmt, folglich auch echt und unverfälscht; nennt man daher einen Gegenstand ein Original, so heisst das, er sei nicht durch Nachahmung, Überarbeitung oder Kopieren eines andern entstanden."Besser verlispelt, verfistelt, verstottert als überhört.
Manche mögens noch penibler: "Auch Menschen werden Originale genannt, wenn sie sich durch Originalität ihrer Denkungsart oder ihres Benehmens auf eigentümliche und auffallende Weise vom Gewöhnlichen entfernen..."
Was passiert da? Ich bin ganz Ohr: „Ecken und Kanten vergrössern die Reibungsfläche, gerade auch in der Politik. Je eigenwilliger der persönliche Stil, desto grösser die Widerstände, gegen die man sich tagtäglich durchsetzen muss.“ So rum, nicht andersrum wird ein Schuh draus.
Aber ein Schuh mit „Abstand, Humor und auch ein bisschen Selbstironie“ denn wir befinden uns auf spleenigem, ja bizarren Felde, für das im Extrem nur in der Psychiatrie noch Raum ist. Man hat den Eindruck, manche flüchten sich geradezu dahin.
Wir hören Anna Basener: "Ich glaube, ein Original muss besonders sein in dem Sinne, dass es nicht in der Masse untergeht - und vielleicht auch besonders in dem Sinne, dass es nicht glatt ist, dass es nicht schön ist - sondern irgendwas hat, was provoziert, was so eine kleine Ecke ist, was Kanten sind, was anders ist - was vielleicht sogar den Mainstream ein bisschen stört." Einen an der Waffel haben – könnte man es so sagen?
Anna Basener ist Expertin für Originale und Orginelles, erfahre ich, wenn ich weiter frage. In Essen geboren, Kulturwissenschaftlerin. „Anna Basener hat die Omma gross gemacht. Ein Begriff, der schon längst nicht mehr nur eine Grossmutter an sich meint. Omma ist ein feststehender Ausdruck.“ Wer in Essen geboren ist, ist schon ganz nah dran am Orginal, in diesem Fall am Arbeiter. Orginal-Ton Basener:
"Jeder aus dieser Welt, aus dieser Arbeiterwelt hat so eine Omma.“ Harpe Kerkeling hatte zwei Omileins, denen verdanken wir den Hannilein. Das war der letzte Zahn, der uns gezogen wurde: Arbeiter geht, geht sogar prima.
Anna Basener nennt das eine "autobiographische Inspiration". Ihr Leben hat selbst schon das Original-Prädikat verdient. „Nicht nur, weil sie es aufrichtig mag, abends Fernsehsendungen mit Volksmusik-Ikone Florian Silbereisen zu schauen und sich mit Schlagern auskennt. Sondern auch, weil sie nicht den üblichen Weg einer jungen Autorin gegangen ist … . Sie hat Groschenromane geschrieben, unter anderem in den Genres Adel, Heimat und Sexwestern. Ihr Pseudonym: Catharina Chrysander.
Was ich mir da anhören muss, ist wirkich allerhand: "Nee, ich habe mir nie überlegt, wer das ist und wie die aussieht und ob die anders ist als ich oder nicht. Ich hab in so einem Nachnamenlexikon nachgeguckt nach schönen Nachnamen, hab Chrysander gefunden, und hab gedacht, klingt wie Chrysantheme, Blume, schön, braucht man einen Vornamen auch mit C, zack, fertig, so war das." Paul Valery vom Anfang des Artikels lässt grüssen.
Aber wir hören der Anna noch ein bisschen zu: „In Hildesheim hab ich sehr viel zu tun gehabt mit den ganzen Kreativschreibern. Die dann ganze Nächte durchschreiben mit Rotwein und Tüten und Kiffen und ganz tolle Texte schreiben, aber relativ ähnliche. Und die dann immer zu Wettbewerben eingeladen werden und bei Suhrkamp veröffentlichen und so was. Und in dieser Masse überhaupt mitzuspielen, wäre ein enormer Konkurrenzkampf gewesen. Und da war der Groschenroman, ehrlich gesagt, eher so ein bisschen meine Nische, die nur ich besetzt habe."
Zeit für die klassische Definition:
„Ein Original ist eine Person, die durch unverwechselbares, zum Teil auch exzentrisches Auftreten, Verhalten oder andere Eigenschaften bekannt geworden ist.“
Ich hänge meinen Gedanken nach. Genau die gleichen, die ich nicht nur mit meinem inneren, sondern auch mit meinem äusseren Ohr höre: Vielleicht hat jeder von uns das Zeug dazu, ein Original zu sein. Schliesslich hat jeder Mensch eine Eigenschaft, die ihn aus der Masse heraushebt. Einen Charakterzug. Eine Begabung. Einen Spleen.“
Bei mir ist es die Sprache, die Stimme. Nicht wie Herrmann Prey oder Joe Cocker. Auch nicht eine der vor Optimismus berstenden Stimmen der Radio- Werbung. Nein, meine, die fuer oder gegen alles mögliche spricht. Aber immer persönlich. Meine Arbeitswelt.
Ich hatte nämlich noch ein Hörstück im Ohr, ein Hörstück von Martin Becker und Tabea Soergel namens „Besonders sein“. Einzelne Sätze und Sequenzen meinte ich noch in mir nachklingen zu hören. Vor kurzem, am 20.01.2019 war es über den Sender gegangen. Der Sender war der Dlf.
- „Aufsehenerregende Kostüme tragen“,
- „Ecken und Kanten haben“,
-„In sich selbst das Einmalige entdecken“,
das sind verschiedene Formen Anders-sein.
Sehr oft gehen wir dabei, ob es uns passt oder nicht, vom Außeren aus, eilen meine Gedanken voraus: Die Turnschuhe von Joschka Fischer. Das Feuermal von Michail Gorbatschow. Der gelbe Pullunder von Hans-Dietrich Genscher.Schon das kleine Kind, das den Bartträger anfremdelt, tut es.
Manche sagen es einfacher, fassen inneres und ausseres Erleben zusammen: „Ich denke mal einfach, man geht mit Leib und Seele an eine Sache, und man mag's oder man mag's nicht."
Also: Hineinpassen in die Zielgruppe, das Ambiente. Die Kriterien erfüllen, das ist die erste Bewegung, auf das Besondere, das Andere zu.
FRANK GOOSEN, der Schriftsteller (Liegen lernen, Frankfurt 2000) soll das so gesagt haben: "Es gibt ein Bild, das man sich von einer Gegend, von einem Menschenschlag macht, und dann gibt es Einzelne, die dem so genau entsprechen, dass man sie als Originale bezeichnet."
Ergo lässt sich zusammenfassen: Das Rezept für ein echtes Original kann man nirgendwo nachschlagen. Man muss es in sich finden. Es ist eine Bewegung auf das Neue hin und eine, die einem
aus der Vorstellung, die man hat, entgegenspringt.
„Vielleicht wird man ja gar nicht als Original geboren, sondern wächst einfach in die Rolle hinein. Zum Beispiel durch den passenden Beruf, das richtige Ambiente, das geeignete Umfeld“ mutmassen andere deutlich hörbar.
In sich finden nennen das die einen, „Selbsterfinder“ nennen die anderen das Genie, Orginal. Jemand gibt zu bedenken:„Vielleicht hat man ja auch gar keine andere Wahl: Man macht aus dem, was einem das Leben mitgegeben hat, das Beste.“ Wenn man nun denkt, da müsse ein Vivaldi und Mozart das Licht der Welt erblicken, dann irrt man, die Zutaten dürfen viel profaner sein, z.B. ein looses Mundwerk, ein rüder Ton usw., Gossen Reichtum oder sozialer Status brauchts nicht. „Es genügt eine Abweichung von der Norm. Eine Auffälligkeit. Eine Macke, die nicht alle haben. Etwas zu laut oder etwas zu leise reden, etwas zu forsch oder etwas zu unbeholfen den Raum betreten, eine Spur zu bunte und zu geschmacklose Kleidung tragen - und schon wird die Originalität zum Selbstläufer. Und schon ist man anders als der Rest.“
Darin ähnelt der Unterhaltungsroman-Autor Frank Goosen von heute dem Philosoph und Selbstdenker Paul Valery von gestern (1970-1945, einem erratischen Block aus Philosoph, Poetik und Naturwissenschaftler, ein Genie, aber vor allem ein passionierter Selbstdenker, der 50 Jahre lang Tag um Tag die Gedanken seine Selbst-Erforschung und Introspektion 1-2 Stunden lang in seine Hefte schrieb und sie dann verbarg. „Man soll nur an das glauben, was man selbst erfunden hätte“ notierte er (Paul Valery, Ich grase meine Gehirnwiese ab, Frankfurt 2016).
In Zeiten von Influenzern und Testimonials, von Followern und Mee-Toos ist das ein bemerkenswerter Satz. Einerseits: Blind fast , doch nach Aussen spähend, sein Ziel ins Auge fassend, sich durch nichts davon abbringen lassen. Andererseits: Besondere Andere, verehrt und bewundert. Wie kommt man da raus, aus der Klemme zwischen eingerahmt sein und im Mittelpunkt stehen?
Wie so oft: Als Künstler oder Kreativer. "Ein Künstler hat Originalität, wenn er frei aus der Ursprünglichkeit seines eignen Genius schafft. Im engern Sinne versteht man dann unter Originalität auch das durch seine Eigentümlichkeit vom Allgemeinen Abweichende, Überraschende, Seltsame und Wunderliche."
So erklärt sich das fast schon innige Verhältnis zwischen IT, der Informationstechnologie, und der Kunst. Was der IT ausgetrieben wurde, ist in der Kunst zu suchen und zu finden, und zwar geballt. Linke und rechte Gehirnhälfte marschieren getrennt.
Was an Gemeinsamkeiten noch da ist, wird durch Sprache und Stimme gemeinsam transportiert. Ich höre, wenn auch arg verrauscht: „Wo die Logopäden eher dazu neigen würden zu sagen: Der muss aber mal so ein bisschen sich entspannen, oder: Der knödelt, oder, na ja, eben zu rauchig, zu verhaucht, das sind eigentlich genau die Aspekte. Also alles, was als Störung empfunden wird, ist eigentlich spannend."
Stimme und Sprache transportieren sowohl das Kreative, Analoge als auch das Digitale, den Sachverhalt. „Jedes Produkt braucht eine Stimme, die klingt wie keine zweite.“ Und nach einer Weile ist weiter zu hören: „Das ist ein Mensch, der hat das alles so in sich, dass er sein Potenzial komplett einsetzen kann, und in der Stimme ist es dann hörbar." Nach einer weiteren Weile höre ich, wenn auch immer noch nicht ganz kristallklar, wieder etwas: "(...) Es soll nicht bekannt klingen, es soll nicht werblich klingen, es soll nicht, es muss anders sein. Und am Ende ist aber das Ohr, sind die Hörgewohnheiten doch sehr konventionell infiltriert. D.h. also, das andere ist eben im Grunde genommen nur eine kleine Breite davon entfernt davon, was erlaubt ist."
Eine kleine Breite, soll wohl heissen: eine minimale Abweichung reicht. Vielleicht eine noch nicht einmal hörbare Abweichung. Eine grosse Aufgabe für ein unbeachtetes Organ, ist unser Verstehen doch meist an Inhalte gebunden.
Summa: "Original und originell bedeuten ursprünglich, nicht nachgeahmt, folglich auch echt und unverfälscht; nennt man daher einen Gegenstand ein Original, so heisst das, er sei nicht durch Nachahmung, Überarbeitung oder Kopieren eines andern entstanden."Besser verlispelt, verfistelt, verstottert als überhört.
Manche mögens noch penibler: "Auch Menschen werden Originale genannt, wenn sie sich durch Originalität ihrer Denkungsart oder ihres Benehmens auf eigentümliche und auffallende Weise vom Gewöhnlichen entfernen..."
Was passiert da? Ich bin ganz Ohr: „Ecken und Kanten vergrössern die Reibungsfläche, gerade auch in der Politik. Je eigenwilliger der persönliche Stil, desto grösser die Widerstände, gegen die man sich tagtäglich durchsetzen muss.“ So rum, nicht andersrum wird ein Schuh draus.
Aber ein Schuh mit „Abstand, Humor und auch ein bisschen Selbstironie“ denn wir befinden uns auf spleenigem, ja bizarren Felde, für das im Extrem nur in der Psychiatrie noch Raum ist. Man hat den Eindruck, manche flüchten sich geradezu dahin.
Wir hören Anna Basener: "Ich glaube, ein Original muss besonders sein in dem Sinne, dass es nicht in der Masse untergeht - und vielleicht auch besonders in dem Sinne, dass es nicht glatt ist, dass es nicht schön ist - sondern irgendwas hat, was provoziert, was so eine kleine Ecke ist, was Kanten sind, was anders ist - was vielleicht sogar den Mainstream ein bisschen stört." Einen an der Waffel haben – könnte man es so sagen?
Anna Basener ist Expertin für Originale und Orginelles, erfahre ich, wenn ich weiter frage. In Essen geboren, Kulturwissenschaftlerin. „Anna Basener hat die Omma gross gemacht. Ein Begriff, der schon längst nicht mehr nur eine Grossmutter an sich meint. Omma ist ein feststehender Ausdruck.“ Wer in Essen geboren ist, ist schon ganz nah dran am Orginal, in diesem Fall am Arbeiter. Orginal-Ton Basener:
"Jeder aus dieser Welt, aus dieser Arbeiterwelt hat so eine Omma.“ Harpe Kerkeling hatte zwei Omileins, denen verdanken wir den Hannilein. Das war der letzte Zahn, der uns gezogen wurde: Arbeiter geht, geht sogar prima.
Anna Basener nennt das eine "autobiographische Inspiration". Ihr Leben hat selbst schon das Original-Prädikat verdient. „Nicht nur, weil sie es aufrichtig mag, abends Fernsehsendungen mit Volksmusik-Ikone Florian Silbereisen zu schauen und sich mit Schlagern auskennt. Sondern auch, weil sie nicht den üblichen Weg einer jungen Autorin gegangen ist … . Sie hat Groschenromane geschrieben, unter anderem in den Genres Adel, Heimat und Sexwestern. Ihr Pseudonym: Catharina Chrysander.
Was ich mir da anhören muss, ist wirkich allerhand: "Nee, ich habe mir nie überlegt, wer das ist und wie die aussieht und ob die anders ist als ich oder nicht. Ich hab in so einem Nachnamenlexikon nachgeguckt nach schönen Nachnamen, hab Chrysander gefunden, und hab gedacht, klingt wie Chrysantheme, Blume, schön, braucht man einen Vornamen auch mit C, zack, fertig, so war das." Paul Valery vom Anfang des Artikels lässt grüssen.
Aber wir hören der Anna noch ein bisschen zu: „In Hildesheim hab ich sehr viel zu tun gehabt mit den ganzen Kreativschreibern. Die dann ganze Nächte durchschreiben mit Rotwein und Tüten und Kiffen und ganz tolle Texte schreiben, aber relativ ähnliche. Und die dann immer zu Wettbewerben eingeladen werden und bei Suhrkamp veröffentlichen und so was. Und in dieser Masse überhaupt mitzuspielen, wäre ein enormer Konkurrenzkampf gewesen. Und da war der Groschenroman, ehrlich gesagt, eher so ein bisschen meine Nische, die nur ich besetzt habe."
Zeit für die klassische Definition:
„Ein Original ist eine Person, die durch unverwechselbares, zum Teil auch exzentrisches Auftreten, Verhalten oder andere Eigenschaften bekannt geworden ist.“
Ich hänge meinen Gedanken nach. Genau die gleichen, die ich nicht nur mit meinem inneren, sondern auch mit meinem äusseren Ohr höre: Vielleicht hat jeder von uns das Zeug dazu, ein Original zu sein. Schliesslich hat jeder Mensch eine Eigenschaft, die ihn aus der Masse heraushebt. Einen Charakterzug. Eine Begabung. Einen Spleen.“
Bei mir ist es die Sprache, die Stimme. Nicht wie Herrmann Prey oder Joe Cocker. Auch nicht eine der vor Optimismus berstenden Stimmen der Radio- Werbung. Nein, meine, die fuer oder gegen alles mögliche spricht. Aber immer persönlich. Meine Arbeitswelt.
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