Sonntag, 20. März 2022
Noch zu Bachmann
Ingeborg Bachmann erinnert mich an eine andere Neben-Steherin nämlich Simone Weil. Todesursache: Neben-Steherin, weil sie nicht ertragen konnte, dass andere Hungers starben, und sie nicht. Anders als Bachmann könnte sie dies aber positiv in Sinn fassen. Böll sagt über sie, und dass er überhaupt etwas über sie sagt, ist sensationell:

?Die Autorin liegt mir auf der Seele wie eine Prophetin; es ist der Literat in mir, der Scheu vor ihr hat; es ist der potentielle Christ in mir, der sie bewundert, der in mir verborgene Sozialist, der in ihr eine zweite Rosa Luxemburg ahnt; der ihr durch seinen Ausdruck mehr Ausdruck verleihen möchte. Ich möchte über sie schreiben, ihrer Stimme Stimme geben, aber ich weiß: ich schaffe es nicht, ich bin ihr nicht gewachsen, intellektuell nicht, moralisch nicht, religiös nicht. Was sie geschrieben hat, ist weit mehr als ?Literatur?, wie sie gelebt hat, weit mehr als ?Existenz?. Ich habe Angst vor ihrer Strenge, ihrer sphärischen Intelligenz und Sensibilität, Angst vor den Konsequenzen, die sie mir auferlegen würde, wenn ich ihr wirklich nahe käme. In diesem Sinne ist sie nicht ?Literatur als Gepäck?, aber eine Last auf meiner Seele. Ihr Name: Simone Weil.?
Heinrich Böll: Eine Last auf meiner Seele 1979
Es gibt Sätze und Einsichten, die können nur Lasten sein.

Eine andere Last stammt aus der Sendung Am Sonntagmorgen heute am 20.03.22: Die Last lautet: Der Tod am Kreuz wird dadurch zu einer Glaubens-Aussage, dass ich etwas Befreiendes in ihm sehe.