Mittwoch, 2. November 2022
Zäsuren sind Zeitmarker
Zäsuren sind Zeitmarker. Zeitmarker machen Bewegung sichtbar. Zu Recht aber auch zu Unrecht. Das bietet Diskussionsstoff, Stoff zur Diskussion, vor allem aber zur Deutung der Richtungswahl: Geht es vorwärts in die richtige Richtung oder rückwärts in die falsche ?

Klingt alles rational bis dahin. In Wahrheit steckt ein grosser Stück Emotionalität in den Bewertungen. Und damit ein grosser Stück Depression. Zäsuren tragen in sich den Trend zur Depression. Das ist der Grund für das Festhalten an, das Beharren auf Lösungen von gestern.

Gefragt ist eine balancierte Lösung, die rational ist, aber meiner emotionalen Bedarf an Kontinuität Rechnung trägt. Das macht mich nicht zum Konservativen aber zum Moderaten. Im Kabarett würde man sagen: Radikale Mitte. Das würde man sagen, weil es Werner Finckh gesagt hat. Bis weit in das kabarettlose Volk haben sich seine Sprüche erhalten: vom Vergleich des Führers mit dem Strassenbahn-Führers, bei dem ständig abkassiert wird. Treffende Bilder, die auch das Untergründige beinhalten. Ein Strassenbahn-Schaffner hat zwar allerhand zu sagen, verliert aber seinen gott-ähnlichen Status. Die Fuehrer-Kanzlei wird zur Fahrer-Kanzel. Das ist eine wesentlich größere Bedrohung für die Autoritären als die Brandmarkung als Oppositioneller. Das diametral Konträre, war seine Sache nicht. Es würde es ihnen zu leicht machen, denen, die die Wende zurück wollen.

Es ist eine Zeit, in der die vermeintlich Un-ernsten, Halb-Ernsten größere Glaubwürdigkeit haben als die Brustton-Überzeugten. Bestes Beispiel: Wolodimir Selenski, der ehemalige Komiker und Kabarettist. Er lässt Raum zur Diskussion, zum Interpretieren. Raum, den ich brauche, um jemandem etwas zu glauben.

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