Freitag, 9. Oktober 2015
Freitag, 9. Oktober 2015
Europa? Ach nee!
Dem Fragezeichen folgt das (t)rotzige Ausrufezeichen auf dem Fuss: „Ach nee, wär ja noch schöner!“

Die demonstrative Vor- und Selbsteingenommenheit gegen die die Zweifler verzweifelt anrennen, kommt nicht von Ungefähr: Europa wird nicht von einem Zentrum regiert, noch nie, wenn man die Kaiserpfalzen nimmt, heute weniger denn je, wenn einem die Kakophonie der Stimmen und Meinungen im Ohr klingen.

Europa, das ist der Kontinent, der von den Rändern, von den Provinzen und dem Provinziellen aus regiert wird. Europa, das ist der Raum, in dem der Zweifel hoffähig ist und kultiviert wird: Der Zweifel an der Zentrale und zentralen Doktrinen.

Der Zweifel, das Infragestellen, wird kultiviert im philosophischen Diskurs, wird kultiviert im religiösen Zweifel, im meinungsfreien Meinungsstreit. Der Schutzpatron der Zweifler, Thomas, hat es bis in den inneren Zirkel des Religionsstifters geschafft.

Europa? Von der Währung über den Datenschutz bis zur Gerechtigkeit, ist es überhaupt noch zu retten? Darauf tönt es spöttisch, überheblich wie eh und je:
„Was wollt ihr denn? Seit Jahrtausenden ging hier jeder jedem an die Gurgel, ist doch ein schöner Fortschritt, dass wir das jetzt so tun, dass noch etwas, wenn auch leicht gequetscht, herauskommt aus dieser Gurgel."

„Gequetscht“ ist vornehm übertrieben. Gar nicht pauschal, überzogen und extremistisch genug kann sein, was da als Kritik von sich gegeben wird.
Und: Stimmts etwa nicht? Kamen aus diesem Europa etwa nicht immer wieder Fanfarenstösse für Demokratie und Freiheit? Stärkte die Heterogenität etwa nicht den Druck, Lösungen zu finden?

Im Gegenteil: Zeigen die mit Direktiven zentral regierten Territorien nicht täglich ihre Schwächen, wenn es an die Umsetzung geht? Was eben noch vollmundig hochgejubelt wurde, öffnet im nächsten Moment der Ausrede, dem Wegmogeln und Wegmaulen soviel Türen und Tore, dass der gewohnte Schlendrian und die bemängelte Praxis äusserst kompfortablen Unterschlupf finden. Stimmts etwa nicht? Je klarer die Richtungsweisung, desto miserabler die Praxis.

Ich formuliere das als Frage. Das mit Sicherheit einsetzende Schauspiel des Meinungs-HickHacks mit verteilten Rollen und bekannten Argumenten soll mir nicht entgehen. Die Erschöpfung, die dann einsetzt, nennt man Katharsis, Konsens oder Frieden.

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