Freitag, 7. November 2014
Freitag, 7. November 2014
Geist und Kommerz oder O weh, Herr Fischer
Otti Fischer ist Schauspieler und Kaberettist, er ist beides. Und hat dabei ganz nebenbei ein neuen Typus des Schauspielers entwickelt. Nicht aus der Programmatik sondern im Vollzug. Der Weg führte über Bayern, dem Bullen, dem von Tölz, zum Braun, dem Pfarrer und ganz nebenbei auch zur Akzeptanz des Übergewichts.

Der Mensch ist sein Körper und er hat einen Körper. Er ist sein Körper und er verhält sich zu ihm (instrumentell). Unserer Kultur, liegt die Trennung zwischen Begeisterung und Berechnung zu Grunde. Aus lauter Angst davor seiner eigenen Instrumentalisierung zum Opfer zu fallen, fleht er das Unbedingte an, sucht er das, von dem er abhängig ist. Und damit sind wir bei B, wie Pfarrer Braun.

An der messerscharfen Grenze zwischen Begeisterung und Berechnung, Vernunft und Überzeugung, Sichtbarem und Unsichtbarem, geschieht das, was wir Zeichen und Wunder nennen. Bei Otti Fischers Pfarrer Braun ist es der Lichtstrahl, der einifällt. aber das eigentliche Wunder ist die (kriminalistische) Erkenntnis und die ist alles andere als unabhängig von ihm. Die eine Welt bricht in die andere ein, Ereignisse in der einen Welt werden zum Zeichen für die andere. Der kabarettistische Meinungsmacher stapft in die Welt des rollenspielenden Schauspielers und umgekehrt. Der Versuch dafür ein System zu schaffen geht schief. Der Versuch, sich auf eine Seite zu schlagen, geht schief. Der Mensch hat ein System, ist aber auch Teil eines Systems. Sich selbst erkennen kann er nicht. Wir sind begeisterte Wesen und berechnende Wesen. Wir sind beides.

Was sich aber ereignet in dieser Spannung, ist ein Prozess der Kleinteiligkeit. Der Blick richtet sich auf den Vollzug, auf das, was wir Alltag nennen. Ob wir es als "Graswurzelrevolution" begreifen, bei der der ideologische Zungenschlag noch mitschwingt oder als Entwicklung der Zivilgesellschaft, es markiert genau diesen Prozess. Man kann das auch als Demokratisierung bezeichnen, aber das Wort ist zu allgemein, um noch viel auszusagen.

Die Prozess des Kleinteilig-Werdens hebt Trennungen auf, die prinzipiell und grundlegend sind, zum Beispiel die zwischen Geist und Kommerz. Es kann mir gelingen, in Bereichen meines Leben Synthesen zu schaffen, während mich in anderen Bereichen der Gegensatz beherrscht. Ich bin beides, was bist du?
An Nikolaus von Myra, dem Heiligen des 5. Jahrhunders, der es bis unter unseren Weihnachtsbaum geschafft hat, kann man den antisemitischen Charakter die, die Trennung zwischen Geist und Kommerz angenommen hat, zurückverfolgen. Er avancierte doch tatsächlich zum „Patron auch der Pfandleiher und Bankiers“, nur weil er nicht hinnehmen wollte, dass der jüdische Verleiher um sein Geld geprellt wurde, deshalb, weil er Jude war. Diese Tour hat er dem "Christen" vermasselt.

Die Trennung zwischen Geist und Kommerz hat unübersehbar antisemitische Züge. Den Juden wird der Kommerz, das Materielle (statt Geist), das Oberflächliche (statt des Sinnbezogenen), das kapitalistisch Spekulative (statt des Werte-Orientierten), gern auch das unterhaltende U (statt des ernsthaften E) in die Schuhe geschoben. Die Trennung bekommt eine feste Adresse auch wenn sie nicht immer im Adressbuch steht. Der mitschwingende Antisemitismus lädt die Trennung emotional auf, Hass ist angesagt.
Wie man auf die Idee kommen kann, fortschreitende demokratisierende Kleinteiligkeit ginge ohne Wirtschaft, nur ohne sie, gar nur gegen sie bleibt schleierhaft. "Gib mir ein ein Zeichen, o Herr!": Die Entwicklung der institutionellen Rollenverteilung in den Demokratien des 19. und 20. Jahrhunderts vollzog sich parallel zur wirtschaftlichen Entwicklung. Für0 die Entwicklung ökologischen Wirtschaftens kam der Anstoss von unzähligen Kleinunternehmern und Kleinstbetrieben. "Danke, o Herr."

Der kriminalistische Spürsinn richtet sich somit auf kleinteilige Prozesse:
Anstellung beim "kommerzfernen" Staat (oder der staatsfernen Kirche hier - eine wirtschaftsnahe (kriminelle) Existenz dort. Kann das mit rechten Dingen zugehen? Schon die Rechnung stimmt nicht. Steuern und Abgaben vermitteln den Eindruck der Wirtschaftsferne, dabei kommt es aus demselben Topf.

Wie sieht es mit dem schlechtgelaunten Marketer aus, der an der Eingangstür zur beruflichen Existenz steht und das Wort Eignung nur aus dem Lexikon kennt, dabei soll er sie doch vermarkten und vermitteln. Ist dieser Marketer der Mörder? Nein, aber ein Schwindler, der unter falschem Ettikett sein Kapital daraus schlägt, dass er eine Billigspirale nach Unten in Gang setzt, über den Preis geht und seine Opfer billiger macht.

Geschickt getarnt: Der wirkliche Täter. Nur am Kommerz, am wirtschaftlichen Erfolg soll man sich orientieren, so sein Credo. Dabei hängt der von ihm gesponserte arme Wicht am Tropf unzähliger Förderungen und Existenzgründungsbeihilfen, die wiederum an der Konjunktur hängen und dem, was Konjunktur hat: Dem neuesten Trend in Wissenschaft und Forschung. Gesponsert mit dem Geld des Staates füllen sie die Webseiten und die Messehallen, um das nächste Mal unter neuer Firmierung wieder aufzutreten. Nicht deine Qualifikation und Kompetenz wird entwickelt, sondern du bist nur Dekor für den Trickbetrüger, der dir einen Erfolg verspricht, den du garnicht willst.
Der Blick auf kleinteilge Prozesse lohnt sich. Weder das "Es-wird-alles-kommerziell" noch das idealistische "Du schaffst es" ist die Lösung. Die Lösung liegt im Blick für das Detail.

Und was treibt Pfarrer Braun so? Der ermittelt gerade als Kaufhausdetektiv in der Abteilung diverse Dienstleistungen.

... link