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Mittwoch, 22. Oktober 2014
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kuehnesmallworld, 11:13h
Was macht einen Märtyrer zum Märtyrer und was macht dieser in meinem Blog & Bre4 ?
Nikolaus von Myra, Kleinasien, 5, Jahrhundert, war zum „Patron auch der Pfandleiher und Bankiers“ (Heiligenlexikon) geworden, weil er nicht hinnehmen wollte dass der jüdische Verleiher von einem Christen um sein Geld geprellt wurde, weil er Jude war. Nikolaus wurde bei einer Christenverfolgung gefoltert.
Das Leben von Märtyrern wird nicht als Erfolgsgeschichte erzählt, deshalb kommt die Wirklichkeit, in der sie leben, viel deutlicher zur Sprache als in anderen Biografien. In Zeiten wie diesen, in denen es Mühe macht auch nur ein wahres Wort, ein angemessenes Wort zu finden, das nicht schon ideologisch vorgekocht ist und als Fast Food zur Verfügung steht, ist das gar nicht zu überschätzen. Auch überstrahlt der Glanz der Ewigkeit die Heiligen erst posthum oder im Angesicht des Todes. Ihre Wirkung ist daher subversiv, ihre Kommunikation asymmetrisch.
Auch, wenn man in Rechnung stellt, dass die Heiligengeschichten und -geschichichtchen im Dienste der Kirche geschönt und ideologisch frisiert sind, im Scheitern liegt eine Wahrheit, die sonst kaum aussprechbar ist.
Dem "guten" Nikolaus also verdanken wir die Einsicht, dass der Antisemitismus bereits im 5. Jh. um sich gegriffen hatte und zwar so, dass die Züge des heutiges Feindbilds Jude, der "alles für Geld tut" in ihm erkennbar sind. Ihm gesellt sich an die Seite der "heimatlose Geselle", in dem unschwer der unter alle Völker vertriebene Jude erkennbar ist.
Die Information vom Antisemitismus erhalten wir wie nebenher, als Illustration der Rechtschaffenheit von Nikos, Nicki oder Zakka, wie er auf syrisch auch heisst, und deshalb erreicht sie uns überhaupt. Unzeitgemässe Geschichten, in denen zeitgemässe Wahrheiten zur Sprache kommen.
Margarethe (von Antiochien), hatte einen Vater, der sie denunzierte. Ideologisch gehörte er einer anderen Fraktion an. Eltern, Kinder, Partner, die denunzieren, das ist auch eine zeitgemässe Wahrheit und Wirklichkeit vieler Menschen gerade auch in Deutschland. Eine Wahrheit, die so schwer auszuhalten ist, dass sie ähnlich den klerikalen Heiligengeschichten allzu schnell unter die ideologische Grosswetterlage subsummiert und mit ihr erklärt wird. Zurück bleiben unendlich viele geschädigte, verletzte und verkrümmte Wesen, die wir auch aus unseren Worten vertrieben haben.
Märtyrergeschichten widersetzen sich diesem, Ziele und Funktion immer schon beinhaltenden, Gegenwarts-Sprech obwohl und weil ihr Ideologiegehalt selbst unübersehbar aber damit auch erkennbar ist.
Märtyrer islamischer Provinienz sind in aller Munde. Auch wenn das Wort missbräuchlich verwendet wird, die Tatsache, sein Leben zu opfern, erfordert Achtung. Dass sie sich als Märtyrer sehen, zeigt die existentielle Notlage, in der sie sich befinden.
Wir leben in Zeiten der Lüge, in der jede Wahrheit gestylt wird, jede Information zur Desinformation umgefälscht, für jede Ungeheuerlichkeit schon x-mal ein Bild gefunden wurde, das das tatsächliche Ausmass entschärft. So ist das Bild der einstürzenden Türme in der Berichterstattung so oft in den Medien wiederholt und in unserem kulturellen Fundus (Turm zu Babel) eingraviert, dass die Singularität gar nicht mehr erfahrbar ist. Der Märtyrer aber erlebt genau diese Singularität im Leiden, auch wenn seine Geschichte auch oft einem Schema oder Muster folgt.
Wir leben in Zeiten der Lüge, in denen die Benutzeroberfläche der Wahrnehmung sich abgekoppelt hat von der Substanz und dem Inhalt. In einer Zeit, in der jedes einzelne Wort der Lüge abgerungen werden muss. Die Worte von Vaclav Havel über die Wahrheit hatten diese Qualität, weil die Zeit der Desinformation und der Umfälschung, in der Havel in Prag und Umgebung lebte, so manifest war. Die Zeit hat seine Worte beglaubigt. Unsere Zeit könnte das nicht mehr aber seine Zeit konnte das.
Nikolaus von Myra, Kleinasien, 5, Jahrhundert, war zum „Patron auch der Pfandleiher und Bankiers“ (Heiligenlexikon) geworden, weil er nicht hinnehmen wollte dass der jüdische Verleiher von einem Christen um sein Geld geprellt wurde, weil er Jude war. Nikolaus wurde bei einer Christenverfolgung gefoltert.
Das Leben von Märtyrern wird nicht als Erfolgsgeschichte erzählt, deshalb kommt die Wirklichkeit, in der sie leben, viel deutlicher zur Sprache als in anderen Biografien. In Zeiten wie diesen, in denen es Mühe macht auch nur ein wahres Wort, ein angemessenes Wort zu finden, das nicht schon ideologisch vorgekocht ist und als Fast Food zur Verfügung steht, ist das gar nicht zu überschätzen. Auch überstrahlt der Glanz der Ewigkeit die Heiligen erst posthum oder im Angesicht des Todes. Ihre Wirkung ist daher subversiv, ihre Kommunikation asymmetrisch.
Auch, wenn man in Rechnung stellt, dass die Heiligengeschichten und -geschichichtchen im Dienste der Kirche geschönt und ideologisch frisiert sind, im Scheitern liegt eine Wahrheit, die sonst kaum aussprechbar ist.
Dem "guten" Nikolaus also verdanken wir die Einsicht, dass der Antisemitismus bereits im 5. Jh. um sich gegriffen hatte und zwar so, dass die Züge des heutiges Feindbilds Jude, der "alles für Geld tut" in ihm erkennbar sind. Ihm gesellt sich an die Seite der "heimatlose Geselle", in dem unschwer der unter alle Völker vertriebene Jude erkennbar ist.
Die Information vom Antisemitismus erhalten wir wie nebenher, als Illustration der Rechtschaffenheit von Nikos, Nicki oder Zakka, wie er auf syrisch auch heisst, und deshalb erreicht sie uns überhaupt. Unzeitgemässe Geschichten, in denen zeitgemässe Wahrheiten zur Sprache kommen.
Margarethe (von Antiochien), hatte einen Vater, der sie denunzierte. Ideologisch gehörte er einer anderen Fraktion an. Eltern, Kinder, Partner, die denunzieren, das ist auch eine zeitgemässe Wahrheit und Wirklichkeit vieler Menschen gerade auch in Deutschland. Eine Wahrheit, die so schwer auszuhalten ist, dass sie ähnlich den klerikalen Heiligengeschichten allzu schnell unter die ideologische Grosswetterlage subsummiert und mit ihr erklärt wird. Zurück bleiben unendlich viele geschädigte, verletzte und verkrümmte Wesen, die wir auch aus unseren Worten vertrieben haben.
Märtyrergeschichten widersetzen sich diesem, Ziele und Funktion immer schon beinhaltenden, Gegenwarts-Sprech obwohl und weil ihr Ideologiegehalt selbst unübersehbar aber damit auch erkennbar ist.
Märtyrer islamischer Provinienz sind in aller Munde. Auch wenn das Wort missbräuchlich verwendet wird, die Tatsache, sein Leben zu opfern, erfordert Achtung. Dass sie sich als Märtyrer sehen, zeigt die existentielle Notlage, in der sie sich befinden.
Wir leben in Zeiten der Lüge, in der jede Wahrheit gestylt wird, jede Information zur Desinformation umgefälscht, für jede Ungeheuerlichkeit schon x-mal ein Bild gefunden wurde, das das tatsächliche Ausmass entschärft. So ist das Bild der einstürzenden Türme in der Berichterstattung so oft in den Medien wiederholt und in unserem kulturellen Fundus (Turm zu Babel) eingraviert, dass die Singularität gar nicht mehr erfahrbar ist. Der Märtyrer aber erlebt genau diese Singularität im Leiden, auch wenn seine Geschichte auch oft einem Schema oder Muster folgt.
Wir leben in Zeiten der Lüge, in denen die Benutzeroberfläche der Wahrnehmung sich abgekoppelt hat von der Substanz und dem Inhalt. In einer Zeit, in der jedes einzelne Wort der Lüge abgerungen werden muss. Die Worte von Vaclav Havel über die Wahrheit hatten diese Qualität, weil die Zeit der Desinformation und der Umfälschung, in der Havel in Prag und Umgebung lebte, so manifest war. Die Zeit hat seine Worte beglaubigt. Unsere Zeit könnte das nicht mehr aber seine Zeit konnte das.
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