Donnerstag, 26. März 2020
Die unbekannte Zukunft
Bisher galt: Die Zukunft wird besser, sonst wäre es ja keine.
Nach dem Virus gilt: Die Zukunft ist unbekannt. Sie bringt nicht nur, was wir nicht kennen, sondern bringt neue Gefahren und Gefahren-Kombinationen hervor.

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Mittwoch, 25. März 2020
Corona VIVA
Zwei Reaktionstypen begegnen einem auf dem ärztlich empfohlenen Spaziergang in Zeiten cholerischer Pandemie:
Die einen, die intuitiven kommen einem locker entgegen, sie haben die erweiterte Watschendistanz (1,5m) verinnerlicht. Zum sowieso existenten Reflex (Sicherheitsabstand) kommt noch ein Corona-Zuschlag hinzu. Die Entgegenkommenden weiträumig zu umfahren ist auch nicht so schwierig. Man sieht sie kommen, sie sehen einen. Schwierig sind die Bewegungen, die einem in Fleisch und Blut übergegangen sind: Das Drängeln beim Einsteigen in Bus und Bahn, das Anstellen an der Kasse im Supermarkt. Da kann es zu Pannen kommen, bis ich mich zurücknehme.

Den andern sieht man, wenn sie einem entgegenkommen, schon an, dass sie das Gesetz im Anwendungsfall sind. Alles an ihnen ist kontrolliert. Mit dem Blick haben sie schon die Entfernung abgemessen, fusslauefig machen sie eine Ausweichbewegung, auch wenn diese gar nicht erforderlich ist, mit den aufgerissenen Augen, dem Schrei von Munch nicht unähnlich, signalisieren sie extremen Ausnahmezustand. Ihr Verhalten demonstriert: Alle Vorschriften sind präsent und sie werden peinlich genau – hier passt das Wort peinlich – eingehalten. Die Regelungen sind strafbewehrt

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Montag, 23. März 2020
Scherzverwandtschaften
Burkina Faso, Land der ethnischen und religiösen Gegensätze (Reihe von Stämmen, Muslime und Christen), aber auch Land des friedlichen Nebeneinander.Dort halten sich seit Jahrhunderten Bräuche mit psychohygienischem und Rollenspiel-Charakter:

„Zwischen gewissen ethnischen Gruppen (z.B. Gurunsi/Bissa, Samo/Mossi, Fulbe/Bobo etc.) wird eine Kommunikationsform gepflegt, die in Burkina Faso unter der Bezeichnung "Rakiiré", französisch "Parenté à plaisanterie" (übersetzt "Scherzverwandtschaft" oder "joking relationship") bekannt ist. Bei solchen rituellen Komödien geht es darum, den anderen herabzusetzen bzw. sein Gegenüber als negatives Stereotyp seiner Volksgruppe zu verspotten, um sich zum Schluss über ihn zu stellen. Im "Gespräch" zwischen Angehörigen scherzverwandter Ethnien kommt es oft zu rituellem Beschimpfen und Beleidigen bis hin zu ausschüttendem Lachen. Neben einem mitunter hohen Unterhaltungswert trägt diese Art verbaler Rivalität dazu bei, Spannungen abzubauen und den sozialen Frieden in der multi-ethnischen Gesellschaft Burkina Fasos zu sichern. Ein Schuhputzer darf in diesem Spiel einen hohen Boss der scherzverwandten Ethnie beleidigen und die soziale Ungleichheit für einen Moment humorvoll aufheben. Ursprung der Scherzverwandtschaft zwischen Ethnien, die Beleidigungen bei Hochzeits- und Beerdigungsriten vorschreibt aber gleichzeitig beide Ethnien zu unbedingter Hilfeleistung und Solidarität verpflichtet, sind oft über 500 Jahre alte Friedensverträge zwischen den Ethnien und die Einsicht, dass kein Stamm den anderen physisch dominieren kann.

Quelle: https://www.liportal.de/burkina-faso/gesellschaft/

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